In einer Bibelrunde reden wir schon seit einiger Zeit über den „irritierenden“ Jesus. Viele Aussagen von Jesus irritieren wirklich, verunsichern uns, rufen in uns Widerstand auf: Wie kann er so etwas sagen? Das kann doch nicht sein!
Ich muss ehrlich gestehen: Die Worte, die Jesus im heutigen Evangelium spricht, sind irgendwie irritierend: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ Was kann er damit gemeint haben und trifft das auch auf uns zu?
Gerade in unserer Zeit hört man hier bei uns immer wieder: Wir werden immer weniger! Welche Rolle spielen wir als Christen noch in unserer Umgebung, in unserer Gesellschaft? Hat das Christentum bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts das öffentliche Leben und das private Leben bestimmt, wird es heutzutage aus der Öffentlichkeit verdrängt und spielt es auch im privaten Leben oft nur noch eine kleine Nebenrolle.
Früher gehörte man selbstverständlich zur Kirche, indem man in eine christliche Familie geboren wurde. Der Glaube wurde an die nächste Generation automatisch weitergegeben. Man war sogar ein Außenseiter, wenn man kein praktizierender Christ war. Heute wird man komisch angeschaut, wenn man sagt, dass man zur Kirche gehört.
Kinder wachsen ohne religiöse Erziehung auf. Ob man ein Christ wird hängt hauptsächlich davon ab, welchen Freundeskreis man hat, ob man mit überzeugten Christen in Kontakt kommt, die einen beeindrucken. Nicht durch Geburt, sondern durch eigene Entscheidung wird man Christ. Aber wer macht das? Eine kleine Minderheit? Spricht der christliche Glaube Menschen von heute noch an? Wird die christliche Botschaft von ihnen als eine „Frohe Botschaft“ empfunden? Empfinden wir sie selbst noch so? Viele meinen: Man kann auch ohne diesen Glauben glücklich leben.
Und da sagt Jesus: „Ihr Christen, seid Salz der Erde, Licht der Welt.“ Er sagt nicht: „Ihr sollt Salz und Licht sein“, sondern „ihr seid Salz und Licht“. Widerspricht das nicht unserer heutigen Erfahrung? Salz steht für „dem Leben Geschmack geben“, und Licht für „Orientierung, Wärme und Freude“. Wirken wir so unter den Menschen, mit denen wir zu tun haben? Verbreiten wir Freude, eine positive Lebenseinstellung und dadurch Hoffnung und Zuversicht?
Da fallen mir die heutigen Worte des Propheten Jesaja ein: „Wenn ihr aufhört auf andere spöttisch mit dem Finger zu zeigen und schlecht über sie zu reden, wenn ihr den Hungernden zu essen gebt und euch den Notleidenden zuwendet, dann wird eure Dunkelheit hell werden, rings um euch her wird das Licht strahlen... Und: „Ladet die Hungernden an euren Tisch, nehmt die Obdachlosen in euer Haus auf, gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen! Dann strahlt euer Glück auf wie die Sonne.“
Es hängt also von unserer Lebenspraxis, von der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen ab, ob wir dem Leben einen guten Geschmack geben. Oft geschieht das unscheinbar, im Stillen, im Kleinen. Oft sind es die kleinen Taten, die kleinen Worte, die das Leben anderer schmackhaft machen. Es geht darum, durch unser konkretes Verhalten Güte, Liebe, Freude in unserer Umgebung zu verbreiten und dadurch dem Leben Geschmack zu geben.
Aber Jesus fügt hinzu: Die Menschen sollen unsere guten Taten sehen, nicht, damit wir selbst gut dastehen, sondern: "damit sie den Vater im Himmel preisen". Denn er ist es, der in uns Güte, Liebe und Freude bewirkt. Es ist, weil wir in Verbundenheit mit Gott leben, dass seine Kraft in uns wirken kann, unser Leben schmackhaft macht und Licht und Freude bringt. Nur so können wir „Salz“ und „Licht“ sein. Stimmt das nicht zum Nachdenken über uns selbst, unser persönliches Christsein und was wir daran ändern, besser machen könnten und sollten?
Da gibt es einen schönen Spruch: „Wenn viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, viele kleine Schritte tun, dann verändert sich die Welt.“ So sind wir Salz und Licht für unsere Mitmenschen!